Die Gemeindewerke Rodheim-Bieber setzen auf Zukunft bei der Klärschlammbehandlung
„Am Dienstag, 29. Juli 2025, um 11.00 Uhr, erfolgte der Spatenstich für die Klärschlammvererdungsanlage. Damit hat sich die Gemeinde Biebertal bei der notwendigen Sanierung und Erweiterung der Kläranlage für eine wirtschaftliche und umweltverträgliche Lösung entschieden. Bei der Abwasserreinigung fallen in der Kläranlage jährlich rund 11.500 Kubikmeter aerober Klarschlamm an. Bislang wurde der Schlamm maschinell mit einem Dekanter entwässert und anschließend verwertet. Das zog entsprechende Kosten nach sich. Deshalb entschieden sich die Gemeindewerke nach ausführlicher Beratung und wirtschaftlicher Prüfung für ein Verfahren zur natürlichen Klärschlammentwässerung, das Energie einspart und Betriebskosten senkt: Die EKO-PLANT Klärschlammvererdung.„

Von links: Herr Weider, Herr Reis Pauly Group, Herr Müller, Frau Ortmann, Herr Kienholz
Frau Ortmann gab einige Daten zu dem geplanten Projekt: Es wird drei Becken zu 3.500m² geben mit einer jeweiligen Aufnahmekapazität von 230 t frischem Klärschlamm. Derzeit fallen in Biebertal jährlich 675 t angetrockneter Klärschlamm an. Da es sich dabei um Sondermüll handelt, muss er zu speziellen Verbrennungseinrichtungen durch die halbe Republik transportiert werden. Das ist sehr kostenintensiv und im Prinzip ein „Wassertransport“. Die derzeitigen Stromkosten der Kläranlage belaufen sich auf etwa 90.000€, ein Drittel davon „frisst“ der Dekanter zur Entwässerung des Klärschlammes. Sobald die jetzige Anlage in Betrieb ist, wird der ohnehin reparaturbedürftige Dekanter nicht mehr gebraucht.

Für den Bau der Anlage wurden 10 verschiedene Flächen besichtigt. Das ausgewählte Areal von insgesamt 1,5ha wurde von der Gemeinde angekauft. Alle Genehmigungen, auch den Umweltschutz betreffend, liegen vor. An „Altertümern“ wurde lediglich eine Gasmaske aus dem 2. Weltkrieg gefunden.
Die Firma Pauly Group ist Generalunternehmer und wird das Projekt auch nach Fertigstellung mindestens 5 Jahre lang betreuen. Der Bauleiter Tim Wedemeyer hat einen Master in Umwelt-Ingenieurwesen der Universität Kassel. Die Firma baute und betreut inzwischen über 100 Klärschlammvererdungsanlagen bundesweit sowie einige Schilfbeete zur Reinigung des Wassers in Schwimmbädern ohne chemische Zusätze.


Das Bodenprofil wurde nicht mit den Spaten ausgehoben. Deutlich erkennbar ist, dass der Untergrund steinig ist wie an vielen Stellen in Biebertal – siehe Beitragbild: Ein Haufen Faulfels, das ist Verwitterungsgestein, darunter ist der Boden meistens nährstoffarm.
Das Herzstück der neuen Klärschlammvererdungsanlage mit einer Fläche von rund 15.000m² bilden drei Schilfbeete. Jährlich werden darauf die 11.500 m³ Nassschlamm aus der rund 700m entfernten Kläranlage über ein System aus Rohrleitungen, Pumpen und Schiebern auf die Beete geleitet.







Angst vor Geruchsbelästgung? Das ist völlig überflüssig. Die Vererdung erfolgt geruchlos.
„Schilf ist das Herzstück unserer Ökotechnik. Als Sumpfpflanze kann es permanent Wasser aus dem Schlamm saugen, über die Blätter verdunsten und so Klärschlamm entwässern. Gleichzeitig werden die Wurzeln über feine Kanäle mit Luft versorgt. So gelangt Sauerstoff auch in den Schlamm und schafft dort günstige Lebensbedingungen für ein ganzes Ökosystem aus Mikroorganismen, die Klärschlamm mineralisieren und schädliche Keime beseitigen. Aber Schilf ist nicht gleich Schilf. In der unternehmenseigenen Gärtnerei REED werden jedes Jahr mehrere Hunderttausend speziell angepasste Schilfpflanzen angezogen, die beste Entwässerungs- und Reinigungsergebnisse erzielen. …. Klärschlamm weist eine sehr hohe Nährstoffkonzentration auf, an die sich das Schilf anpassen muss. In den Anzuchtbeeten werden die Pflanzen von Anfang an „trainiert“ auch unter diesen Bedingungen gut zu wachsen. *)
Die Feststoffe des Klärschlamms verbleiben im Beet, wo sie mit Hilfe von Mikroorganismen mineralisiert werden. Auf diese Weise veringert das naturnahe Verfahren die Schlammmenge um mehr als 90%. Energie wird lediglich für die vollautomatische Steuerungstechnik und die Punmpen benötigt. Dieser äußerst geringe Energieeinverbrauch senkt nicht nur die Betriebskosten, er führt auch zu einer mittleren jährlichen Einsparung von knapp 58 Tonnen CO².



Wir werden den Baufortschritt begleiten und immer wieder dokumentieren. Das wird mit weiteren Informationen zum Vererdungs-Verfahren verknüpft.
*) thepaulygroup.de/aktuelles/pressemitteilung/saisonende-und-winterruhe-in-der-gaertnerei-reed , wikipedia.Schilfrohr
Kursiver Text aus der Pressemitteilung der Pauly Group für die Anlage in Biebertal.
Fotos Winfried Senger, Eveline Renell